15.09. - 06.10.2023
Nachdem ich nun eine Weile unterwegs war, wollte ich mal wieder etwas länger an einem Ort bleiben und mir einen Plan für den rasch nahenden Winter überlegen. Außerdem wollte ich die lokale Kultur noch etwas besser kennenlernen, solange ich in der Provinz Québec war. Die beste Möglichkeit dazu war für mich ein weiteres Workaway. Wer den letzten Beitrag zu meinem ersten Workaway verpasst hat, für den hier nochmal die Erklärung:
Als Workaway oder auch WWOOFing bezeichnet man es, wenn man auf einer Farm oder bei einer Familie arbeitet und dafür mit einer Unterkunft und kostenlosem Essen entlohnt wird. Ein großer Fokus liegt dabei auf dem Kulturaustausch, da man während seiner Zeit mit der Familie voll in deren Alltag eingebunden wird. Deshalb bietet Workaway eine tolle Möglichkeit, um Land und Leute näher und außerhalb der Touristenattraktionen kennenzulernen.
Dieses Mal untergekommen bin ich bei der lieben Evelyne und ihrer Familie, bestehend aus Ehemann Pierre-Luc und ihren zwei Kindern im Teenageralter Coralie und Elliot.
Dazu kommen noch die drei Hunde Mia, Clin d'œil und Raquette (von links nach rechts).
Meine Arbeit bestand diesmal darin, Evelyne auf ihrer kleinen Gemüsefarm zu helfen. Sie hat sich hier einen Traum erfüllt und verkauft ihr selbst angebautes Gemüse in einem Selbstbedienungskiosk, über Abonnementboxen und auf Märkten. Die Farm heißt Aux Jardins Colorés, was soviel bedeutet wie In den bunten/farbenfrohen Gärten. Evelyn legt sehr viel Wert darauf ihr Gemüse in allen möglichen Farben anzubauen, was ich super interessant fand - ich habe noch nie so viele unterschiedliche Tomaten gesehen wie hier, nicht nur rot, gelb und orange, sondern auch lila und sogar gestreifte Tomaten gab es!
Durch meine Aufgaben konnte ich in den drei Wochen, die ich hier verbracht habe, einmal alle Phasen des Lebenszyklus solcher Nutzpflanzen miterleben. Angefangen beim Einpflanzen der Samen in spezielle Anzuchtplatten und dem anschließenden Einpflanzen der gewachsenen Setzlinge ins eigentliche Beet.
Dann folgt die Pflege der Beete durch z.B. Unkrautjäten und das Hochbinden der Pflanzen, die das brauchen. Schließlich wird dann nach und nach geerntet und die verblühten Teile zurückgeschnitten. Vor allem das Ernten hat einen Großteil meiner Arbeit ausgemacht, aber ich durfte mich außerdem noch um die Hühner und Gänse kümmern, das Kiosk auffüllen und sauber halten und beim Waschen und Verstauen des Gemüses im Kühlhaus helfen. Zu Beginn der Woche mussten dann auch noch die Boxen für die Abonnenten befüllt werden. Evelyn bestückt diese mit allerlei saisonalem Gemüse, aber auch Kräutern und anderen Dingen, wie z.B. selbstgemachtem Ahornsirup oder Sonnenblumenkernen.
Gewohnt habe ich bei der Familie im Haus in einem Gästezimmer mit einem super bequemen Bett. Mir hat besonders gut gefallen, dass die Tage hier sehr strukturiert waren: Morgens ging es gegen 9 Uhr los, sodass genügend Zeit für ein gemütliches Frühstück war, und Feierabend war gegen 15 Uhr mit einer ausgiebigen Mittagspause dazwischen. Dann hatte ich den ganzen Abend frei, sowie das gesamte Wochenende.
An einem Samstag sind Elliot und ich zusammen nach Montréal gefahren, um den Freizeitpark La Ronde zu besuchen. Dieser gehört zur Six Flags Kette, sodass ich mit meiner Jahreskarte, die ich für meine USA Tour hatte, hier kostenlos rein kam. Der Park ist einer der schlechteren, die ich auf meiner Reise bisher besucht habe, aber Elliot und ich hatten trotzdem unseren Spaß und ich konnte hier meine 444. Achterbahn fahren. Hier wie immer ein ausführlicher Bericht.
An einem anderen Abend waren wir noch bei einem Festival, dass sich nur um scharfes Essen drehte. Hier waren dann ganz viele Händler, die Tabasco, verschiedene Chili- und Paprikasorten und scharfe Barbecue Soßen verkauft haben. Da ich scharfes Essen nicht wirklich gerne mag, gab es hier für mich nicht so viel zu probieren, aber es war sehr lustig zu sehen, dass es zu diesem Thema ein eigenes Festival gibt!
Bei Evelyn habe ich auch zum ersten Mal Poutine gegessen, eines der kanadischen Nationalgerichte, das seinen Ursprung in der Provinz Québec hat. Dabei handelt es sich um Pommes mit Cheese Curds (Käsebruch), die mit Bratensoße (Gravy) übergossen werden. Der traditionell dazu verwendete Käse quietscht beim Draufbeißen, weswegen er in Québec auch als Skouik Skouik bzw. Squeaky Cheese bezeichnet wird. Am Anfang fand ich die Konsistenz des Käses etwas gewöhnungsbedürftig, aber mittlerweile mag ich Poutine echt gerne und esse es immer wieder mal. In Deutschland kann man Poutine übrigens unter anderem beim Frittenwerk bekommen, wobei die Mozzarella und nicht die traditionellen Cheese Curds verwenden.
Auch wenn es nicht sonderlich spannend war, habe ich den Großteil meiner Freizeit sonst mit dem Versuch verbracht, einen Plan für den Winter zu schmieden. Ursprünglich wollte ich gerne eine Art Praktikum oder ähnliches in einem Ingenieursbetrieb machen, sodass ich zahlreiche Stunden am Computer verbracht habe, um Firmen und Stellenangebote zu finden und unzählige Bewerbungen zu verschicken. Leider habe ich zu keiner einzigen jemals eine Rückmeldung erhalten, sodass ich Evelyn und ihre Familie am Ende immer noch ohne wirklichen Plan wieder verlassen habe.
Mir hat mein Aufenthalt hier sehr gut gefallen und ich bin froh, dass ich die Möglichkeit dazu hatte. Die gesamte Familie hat sich sehr bemüht mit mir Englisch zu sprechen und mich zu integrieren, was ich zu schätzen weiß, da Pierre-Luc und den Kids das Englisch teilweise etwas schwer fiel. Und Evelyns Gärten sind ein super schöner und friedlicher Ort, an dem ich sehr gerne gearbeitet habe, besonders bei dem traumhaften Spätsommerwetter, welches wir die komplette Zeit über hatten.
Als nächstes ging es für mich noch ein kleines bisschen in Québec weiter, bevor ich in die nächste Provinz weiterfuhr.
Comments